Viele Heranwachsende haben Probleme mit dem Erwartungsdruck, der
auf ihnen lastet: Du musst cool sein, eine Freundin haben, die richtigen
Klamotten tragen, dazugehören. Empfindsamere Gemüter,
und die gibt es zuhauf, kommen da kaum mit - und werden zu spackigen
Außenseitern degradiert.
UniSPIEGEL:
Was ist denn heute cool?
Strunk:
Cool ist jemand, der sich im Griff hat, der Stil hat, ein Gefühl
für Ästhetik, souverän ist, über sich selbst
lachen kann. Aber das ist man meistens erst im Alter.
UniSPIEGEL:
Und die Jungs, die damals cool waren?
Strunk:
Auf dem Schulhof waren die Lederjackenträger, die Raucher,
die etwas machohaft anmutenden Typen angesagt. Aber das war eben
auch eine Art Stumpfheit, mit der man es als 18-Jähriger weit
bringen kann, die aber später schnell an Reiz verliert.
UniSPIEGEL:
Zu dieser Gruppe gehörten Sie ja nicht.
Strunk:
Nein, ich war introvertiert. Zudem habe ich ja als Twen eine ordentliche
Depression ausgebrütet, die mich ziemlich im Griff hatte. Das
einzig Positive daran ist, dass die damit einhergehende Sensibilität
für meine Arbeit sehr wichtig ist.
UniSPIEGEL:
Sie beschreiben Mädchen und junge Frauen als "Biester",
die Sie mit ihren Reizen fertig machten. Hassten Sie Frauen?
Strunk:
Nein, das nun nicht. Ich - und viele andere meiner Freunde - kamen
nur nicht klar mit der Welt da draußen, und Frauen waren ein
Teil des Problems. Wir waren unattraktiv und standen unserer aufblühenden
Libido machtlos gegenüber, denn die Mädels nahmen von
uns keine Notiz. Deshalb nannten wir sie "Biester", einzig
dazu geschaffen, uns durch ihre schiere Existenz zu quälen.
Wir haben uns ja mit Mitte 20 nicht als "Männer"
begriffen, sondern blieben in einem Jungsstadium stecken. Ich glaube,
dass viele Typen sich erst mit weit über 30 als "Männer"
bezeichnen.
UniSPIEGEL:
Was ist aus den Mädchenhelden von damals geworden?
Strunk:
Die machen doch heute nur ödes Zeug. Neulich war ich auf einem
Klassentreffen, da hätte ich fast angefangen zu heulen. Allein
die Physiognomie der Kerle: aufgedunsen, breiig, ausdruckslos. Machen
langweilige Jobs in langweiligen Firmen. Ihrem Wesen gemäß,
muss man meistens leider sagen.
UniSPIEGEL:
Wann kam die Wende bei Ihnen?
Strunk:
Ich habe mich früh in die Literatur geflüchtet, habe Hesse,
Kafka und Bukowski gelesen. Das hat mir eine neue Welt eröffnet.
Dann hatte ich das Glück, Förderer zu finden, die mich
von dem Vorort Harburg nach Hamburg verfrachteten und meine ersten
Gehversuche im künstlerischen Bereich wohlwollend begleiteten.
UniSPIEGEL:
Klappt's mit den Frauen heute besser?
Strunk:
Keine Probleme. Nach den Lesungen kommen immer welche und wollen
meine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse.
UniSPIEGEL:
Und?
Strunk:
Ich rücke nichts raus, ich habe eine Freundin. Ein richtiges
kleines Biest, ganz für Heinz Strunk allein. |